Do, 21.07.2011Wie vor 700 Jahren - Mit Sanierung der Klosterteiche im Südharz bleibt ein Stück Mittelalter erhalten

Walkenried/Kr. Osterode (epd). «Ein ausgeklügeltes System, das sich die Mönche hier ausgedacht haben», sagt Johannes Thiery von den Niedersächsischen Landesforsten und blickt über die historische Teichkette. Der Förster und Projektleiter steht am Röseteich in Walkenried im Südharz. In der Ferne landet ein Graureiher im flachen Wasser. Sechs Jahre lang haben die Landesforsten die von Zisterziensermönchen entwickelte und unter Naturschutz stehende Kulturanlage saniert. «Die Gewässer standen kurz vor dem Kollaps», sagt Thiery.

Die Zisterzienser hatten in der mittelalterlichen Karstlandschaft vor rund 700 Jahren eine Sumpflandschaft kultiviert und die Teiche angelegt. Sie sind über Zu- und Abläufe miteinander verbunden. Nachdem die Gewässer 1949 als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurden, waren sie sich selbst überlassen. «Die Durchlässe waren teilweise völlig verstopft», sagt Thiery. Die sechs jetzt sanierten Teiche drohten, vor lauter Schlamm zu verlanden. Die Dämme waren mit mächtigen Erlen und Buchen, die ihre Wurzeln tief in die Erde gruben, zugewachsen und kurz davor zu zerreißen.

«Für die Mönche waren die Teiche besonders wichtig», sagt Birgit Moritz vom Zisterziensermuseum Walkenried. Sie dienten der Versorgung der Gemeinschaft. «Die Zisterzienser durften kein Fleisch von vierbeinigen Tieren essen. Fisch war die Speise des Fastens. Der Sage nach legten sie so viele Teiche an, wie das Jahr Tage hat. »Rund um das Kloster reihen sich einige jetzt noch wie Perlen auf einer Schnur aneinander«, sagt Moritz. Damals schwammen kräftige Karpfen und Karauschen darin.

Teichlandschaftswanderungen des Museums führen Besucher dorthin, wo Förster Thiery gerade steht. Auf einem schmalen Holzsteg, umringt von Schilfrohr, krautigem Mädesüß und sommergrünem Rohrkolben, der aus dem Wasser ragt: »3.000 LKW-Ladungen mit meterhohem Schlamm haben wir aus den Teichen herausgeholt«, erinnert sich Thiery. Rund 25.000 Kubikmeter, für die jeder Teich einzeln abgelassen werden musste. »Schwere Maschinen sackten auf dem puddingartigen Boden immer wieder ein.«

Walkenrieder seien mit Schubkarren gekommen, um den nährstoffreichen Schlamm als Düngemittel zu nutzen, erzählt der Projektleiter. »Ich selber hab mir auch ein paar Ladungen mitgenommen, für meinen Kürbis zu Hause.« Der Großteil landete auf Ackerflächen in der Region und musste nicht in Mülldeponien entwertet werden. So konnten auch die Sanierungskosten von ursprünglich geschätzten 2,8 Millionen Euro auf rund eine Million Euro gesenkt werden. Finanziert wurde das niedersachsenweit einmalige Projekt vom Forstamt Lauterberg, dem niedersächsischen Umweltministerium und der Europäischen Union.

Auch die Dämme, auf denen Kinder Himbeeren sammeln, wurden neu aufgeschüttet. Sie wurden vermischt mit Lehm, Ton und frischem Heu. Riesige Erntemaschinen rissen zuvor Bäume mitsamt ihren Wurzeln heraus. Alte Schleusensysteme wurden teilweise originalgetreu nachgebaut, erläutert Thiery. »Ein Kunstschnitzer hat uns einen historischen Ablasszapfen aus Eiche geschnitzt.« So, wie es auch die Mönche im Mittelalter taten.

»Die Zisterzienser waren nicht nur tief spirituell, sondern auch sehr clevere Geschäftsleute«, sagt Museumssprecherin Moritz. Sie produzierten viel mehr, als sie verbrauchen konnten und verkauften Fisch, Korn, Wein oder Wolle auf mittelalterlichen Stadthöfen. Das preisgekrönte Museum in Walkenried präsentiert das Leben und Wirken der Mönche in dem 1127 gestifteten Kloster auf beeindruckende Weise. Liturgische Gesänge tönen durch die rund 3.000 Quadratmeter große Ausstellung. Es werden Stundengebete simuliert und alte Altarsteine, eine Büßerzelle oder in der Wand eingelassene historische Nischen zur Fußwaschung gezeigt.

Der doppelte Kreuzgang mit seinen von der Gotik geprägten Fensterbögen und der Kapitelsaal, der von der evangelischen Kirchengemeinde genutzt wird, sind genauso erhalten und in das Museum integriert wie die Ruine der Klosterkirche. Jetzt sind auch die Teiche wieder lebensfähig, freut sich Thiery. Heute bewirtschaftet der örtliche Angelverein die historische Anlage, ohne dessen Mitwirken die Sanierung kaum möglich gewesen wäre. Karpfen und Hechte tummeln sich wie vor 700 Jahren wieder munter im Wasser.


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