Di, 28.04.2009Verbände und Kirchen kritisieren «Notlage» in der Altenpflege

Hannover (epd). Gewerkschaften, Kirchen und Wohlfahrtsverbände haben am Montag in Hannover ein Aktionsbündnis für mehr Qualität in der Altenpflege gegründet. Unter dem Motto «Gute Pflege will bezahlt sein» fordern sie einen höheren Lohn für Pflegehelfer, mehr Zeit für die Heimbewohner und mehr Anerkennung für die pflegenden Berufe. Unter anderem müssten die Pflegesätze von den Krankenkassen angehoben werden. Die Einrichtungen bräuchten zudem mehr qualifiziertes Personal. Die stationäre Altenpflege in der Region Hannover sei völlig unterfinanziert.

«Die Anbieter sollen nicht zu Dumping-Preisen gegeneinander antreten müssen», sagte Joachim Lüddecke von der Gewerkschaft ver.di. Der Geschäftsführer der diakonischen Henriettenstiftung, Ulrich Spielmann, rechnete vor, dass Niedersachsen im Vergleich der westdeutschen Bundesländer die niedrigsten Pflegesätze habe. «Ein Pflegeplatz der Stufe 3 wird derzeit mit 2.493 Euro vergütet, im Bundesschnitt mit 2.766 Euro, während in Nordrhein-Westfalen für denselben Platz 3.131 Euro bezahlt werden.»

Viele Träger seien auf Grund der niedrigen Sätze in einer finanziellen Notlage, sagte Spielmann. Die Pflegekassen, Sozialhilfeträger und Selbstzahler könnten die anfallenden Kosten nicht mehr decken. Dies habe gravierende Folgen für die Qualität der Pflege und führe zu einem Mangel an Fachkräften und einem hohen Wechsel an Mitarbeitern. Bauliche Investitionen würden verschoben.

Diakoniepastor Hans-Martin Joost kritisierte, die schlechten Arbeitsbedingungen führten zu einem Imageproblem für den Beruf des Altenpflegers. Von den Beschäftigten würden Mitmenschlichkeit, Professionalität und umfassende Fachkenntnisse erwartet. Die körperlich anstrengende Arbeit, unter anderem im Schichtbetrieb, erschwere dies jedoch. «Das bedeutet, dass in zwei bis drei Jahren massive Nachwuchsprobleme in der Altenpflege bei gleichzeitig steigenden Zahlen Hochbetagter und Pflegebedürftiger zu erwarten sind», sagte Joost.

In der Region Hannover gab es im Januar 2007 rund 12.000 Pflegeplätze in 154 Pflegeheimen, die Hälfte davon im Stadtgebiet. Mit mehr als 10.000 Beschäftigten erwirtschafteten die Einrichtungen einem Umsatz von 300 Millionen Euro. Rund 80 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, oft in Teilzeitarbeit. Jeder zweite Beschäftigte ist ungelernt. Im Vergleich zu anderen Bundesländern steht in Niedersachsen nach Angaben des Bündnisses weniger Personal für eine pflegebedürftige Person zur Verfügung: Pro Bewohner werden hier durchschnittlich 94 Minuten für die tägliche Pflege aufgewendet, in anderen Ländern sind es bis zu 112 Minuten.

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