Do, 16.04.2009Seemannsmission: Piraterie und Wirtschaftskrise setzen Seeleute unter Druck

Emden/Bremerhaven (epd). Die Piraterie und die Weltwirtschaftskrise setzen nach Ansicht der Deutschen Seemannsmission die Seeleute an Bord verstärkt unter psychischen Druck. Fast alle Güter aus Asien für Europa müssten per Schiff durch die gefährdeten Gebiete transportiert werden, sagte der Bremerhavener Seemannspastor Werner Gerke am Donnerstag in Emden vor Journalisten.

Die Begleitung der Konvois durch Kriegsschiffe schaffe an Bord ein gewisses Gefühl der Sicherheit, sagte Gerke. Doch sei der Militäreinsatz keine dauerhafte Lösung. Der Piraterie sei nur durch politische Arbeit und Entwicklungshilfe beizukommen. Der psychische Druck eines Piratenüberfalls sei sehr hoch. Darum müssten die Reeder eine muttersprachliche Nachsorge sicherstellen. «Die Seemannsmission kann in ihren Stationen nur eine seelsorgerliche Erste Hilfe leisten», betonte der Seemannspastor.

Die Weltwirtschaftkrise belastet Gerke zufolge die Crews auf den Schiffen existenziell. Immer mehr Schiffe lägen bis zu einem Jahr ohne Fracht und Arbeit in den Häfen fest. Die Besatzungen würden bis auf ein oder zwei Mann abgemustert und arbeitslos. Seeleute, die an Bord bleiben dürfen, litten unter Langeweile und Isolation. Bei vielen Seeleuten machten zudem die Überstunden den Hauptanteil der Heuer aus, die dann wegfalle. Damit könnten sie ihre Familien nicht mehr finanziell ausreichend unterstützen. Allein im Emder Hafen liegen rund 20 Schiffe zwischen einigen Wochen und einem Jahr fest.

Besonders hart sei die Situation auf den Schiffen, die wochenlang vor Helgoland lägen und dort auf Aufträge warteten, sagte Gerke. Die Schiffsbetreiber sparen dadurch die Hafengebühren. Das Seegebiet sei voll von Schiffen, die nur alle paar Wochen kurz in die Häfen einlaufen, um Treibstoff und Proviant aufzunehmen. «Diese Leute können nicht einmal in unsere Clubs an Land kommen und über das Internet Kontakt mit ihren Familien aufnehmen.» Die Crews seien oft neun Monate auf See, bis sie ihre Familien wiedersähen.

Trotz der Wirtschaftskrise seien die Übernachtungen in den Seemannsheimen und die Besuche in den Seemannsclubs im vergangenen Jahr gestiegen. «Die Krise machte sich erst im Herbst bemerkbar», erläuterte Gerke. In den Heimen in Bremerhaven, Cuxhaven und Emden seien 12.905 Übernachtungen gezählt worden, darunter mehr als 5.000 in Emden. Außerdem seien 2.431 Schiffe besucht worden. Für das kommende Jahr rechne er jedoch mit starken Einbrüchen bei den Übernachtungen, aber dafür mit steigenden Zahlen in den Seemannsclubs, wenn dort noch mehr Männer ihre Freizeit verbringen.

Im Emder Seemannsheim tagte der Verein der Deutschen Seemannsmission Hannover e.V., der Stationen in Bremerhaven, Cuxhaven und Stade unterhält. Die Ostfriesische Evangelische Seemannsmission in Emden ist eng mit dem Verein verbunden. Die Deutsche Seemannsmission ist seit rund 100 Jahren in Vereinen in den jeweiligen Landeskirchen fest verankert.

Rund 40 Prozent der Kosten werden laut Gerke mit Zuschüssen der Kirchen gedeckt. Weitere 35 Prozent stammten aus freiwilligen Abgaben der Reeder. Der Rest werde in den Seemannsheimen und -Clubs erwirtschaftet. Die Seemannsmission in der hannoverschen Landeskirche verfüge über ein Budget von etwa zwei Millionen Euro.

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