Di, 01.02.2011Schullust statt Schulfrust - Expertin wirbt für selbstständiges Lernen
Göttingen/Berlin (epd). Selbstständiges Lernen in altersgemischten Gruppen bereitet Schüler nach Ansicht der Leiterin der «Evangelischen Schule Berlin Zentrum», Margret Rasfeld, am besten auf das Leben vor. «In unserer Gemeinschaftsschule kann deshalb jeder Schüler den Zeitpunkt der Klassenarbeit selbst bestimmen», sagte die Pädagogin am Dienstag in einem epd-Gespräch. An der Gesamtschule lernten Jugendliche von der siebten bis zur neunten Klasse gemeinsam. «Dadurch entwickeln sich Schüler zu Gestaltern, Querdenkern und Menschen, die Innovationen in die Welt bringen.» Rasfeld hielt am Dienstag einen Vortrag in der Göttinger Nicolai-Kirche.Von Erziehungsdrill halte sie nichts, sagte Rasfeld. Sie kritisierte den derzeit in der Diskussion stehenden Erziehungsratgeber der chinesisch-stämmigen Amerikanerin Amy Chua (Die Mutter des Erfolgs). Darin prangert die Yale-Professorin den verweichlichten, westlichen Erziehungsstil an. «Gedrillte Kinder sind keine Kinder, die ihr Potenzial frei entfalten können», betonte dagegen die Berliner Pädagogin. Diese Form der Erziehung widerspräche auch sämtlichen Erkenntnissen der Hirnforschung.
Zum Geist ihrer Gesamtschule gehöre deshalb auch eine Kultur des Lobens, erläutert Rasfeld weiter. Regelmäßig kämen die derzeit 300 Schüler dafür zusammen und lobten andere Schüler, Lehrer oder auch den Hausmeister. «Das ist jedes Mal eine ans Herz gehende Atmosphäre.»
Jeden Morgen entscheiden sich Schüler eigenständig für verpflichtende sogenannte Lernbüros in den Bereichen Mathe, Deutsch, Englisch oder Natur und Gesellschaft, erläuterte Rasfeld das Konzept der Schule. «Wer will, kann eine Woche lang nur Mathe-Bausteine absolvieren.» Das fördere die Motivation. Lehrer und andere Schüler böten Hilfestellungen. Nach der neunten Klasse bekämen die Jugendlichen auch Noten. «Dabei lagen wir bislang immer weit über dem Berliner Durchschnitt.»