Di, 06.10.2009Psychologen fordern bessere Hilfen für psychisch gestörte Kinder

Braunschweig (epd). Fast jedes dritte Kind in Deutschland leidet nach Informationen der Baseler Professorin für Kinder- und Jugendpsychologie, Silvia Schneider, im Laufe seiner Entwicklung an psychischen Störungen. «Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation tickt dort eine Zeitbombe», sagte Schneider am Montagabend vor einem in Braunschweig beginnenden Kongress «Seelisch gesund groß werden», zu dem am Dienstag mehr als 500 Teilnehmer erwartet wurden. Der Braunschweiger Psychologieprofessor Kurt Hahlweg forderte eine bessere Präventionsforschung, um früher und wirkungsvoller helfen zu können.

Nach Einschätzungen Hahlwegs gibt es zwar viele familienbezogene Präventionsprogramme, doch die Masse dieser Angebote verunsichere die Eltern und schade womöglich mehr, da die Effektivität oftmals nicht belegt sei: «Die meisten Präventivprogramme sind nicht untersucht.» In der Präventionsforschung sei Deutschland ein Entwicklungsland. In den angelsächsischen Ländern werde die Frühprävention dagegen vom Staat unterstützt.

Hahlweg schlug vor, monatlich einen Euro des Kindergeldes für die Forschungen bereitzustellen. Auf diese Weise kämen jährlich 128 Millionen Euro zusammen. Gleichzeitig setzte er sich dafür ein, Erzieher und Lehrer kundiger im Bereich psychischer Störungen zu machen.

«Gerade Lehrer brauchen besseres Handwerkszeug im Erkennen von Auffälligkeiten», ergänzte Silvia Schneider: «Man kann vorbeugen.» Dies sei besonders wichtig, da ein Großteil der betroffenen Kinder auch als Erwachsene unter psychischen Störungen leide. Zu den häufigsten seelischen Erkrankungen bei Kindern zählten aggressive Verhaltensauffälligkeiten, die Aufmerksamkeitsstörung ADHS und Angststörungen.

Der Kongress will neben dem individuellen Leid auch die gesellschaftlichen Folgen erörtern. Der Anteil junger Menschen in der Gesellschaft werde immer kleiner. Immer weniger Kinder müssten immer mehr Anforderungen erfüllen, um die Lasten einer alternden Gesellschaft erfolgreich zu bewältigen, hieß es. Zu den Veranstaltern gehören die niedersächsische Ärztekammer und die Psychotherapeutenkammer Niedersachsen sowie die Klaus-Grawe-Stiftung für Psychotherapieforschung mit Sitz in Zürich.

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