Mo, 21.03.2011Käßmann: Regierung muss Fehler in Atompolitik eingestehen

Berlin/Hannover (epd). Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, hat die Bundesregierung aufgefordert, ihre Kehrtwende in der Atompolitik zu erklären, um wieder glaubwürdig zu sein. «Die Regierung müsste sagen: Wir sind schockiert, wir haben das falsch eingeschätzt! Mir würde das helfen, die politische Wende zu verstehen», sagte die ehemalige hannoversche Landesbischöfin dem Berliner «Tagesspiegel am Sonntag».

Die Art und Weise, wie nach der Katastrophe in Japan über Atompolitik diskutiert werde, finde sie «merkwürdig». «Es gibt doch jetzt gar keine neue Beweislage, was die deutschen Kernkraftwerke betrifft», sagte Käßmann. Die Evangelische Kirche sei immer für einen Ausstieg aus dieser Energie gewesen. «Uns wurde entgegnet: Deutsche Atomkraftwerke sind sicher. Jetzt auf einmal soll geprüft werden, was man längst hätte prüfen können.» Es sei, als hätte es die Katastrophe von Tschernobyl 1986 nicht gegeben. Obwohl sie Hoffnung nicht aufgebe, dass die Katastrophe in Japan zu einem weltweiten Umdenken führe, fürchte sie, dass auch diesmal die Atomlobby zu stark sein könnte.

Mit Blick auf die vom UN-Sicherheitsrat beschlossene Flugverbotszone in Libyen sagte Käßmann, «das halte ich eng begrenzt für richtig, weil man das freiheitsliebende Volk vor einem völlig irrsinnig gewordenen Diktator schützen muss». Europa müsse die Freiheitsbewegung in dem nordafrikanischen Land unterstützen. «Gerade die Westeuropäer haben hier eine große Verantwortung, weil sie diese Regime in Nordafrika mit Waffen ausgestattet haben. Nun müssen wir auch die Freiheitsbewegung unterstützen», sagte Käßmann, die derzeit als Gastprofessorin an der Universität in Bochum lehrt.

Käßmann forderte die Bundesregierung auf, die Zivilgesellschaft in den nordafrikanischen Staaten wie Ägypten und Tunesien zu unterstützen. «Wenn ein deutscher Minister nach Tunesien fährt und eine Fraueninitiative trifft, muss die dortige Regierung zur Kenntnis nehmen, dass es diese Bewegung gibt.» Besuche eine offizielle Regierungsdelegation in einem islamisch geprägten Land einen christlichen Gottesdienst, werte auch dies die christliche Minderheit deutlich auf.

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