Di, 20.10.2009Gericht gibt Weg für weitere Affenversuche vorläufig frei - Richter stellen vorläufig Forschungsfreiheit über Tierschutz

Bremen (epd). Die umstrittenen Affenversuche an der Universität Bremen können nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in der Hansestadt vom Montag vorläufig weitergehen. Entscheidend dafür sei, dass eine Unterbrechung zu einem «irreparablen Schaden» der Grundlagenforschung führe, teilte die fünfte Kammer des Verwaltungsgerichtes in einem Zwischenbescheid zu einem laufenden Rechtsstreit mit (Az: 5 V 1524/09). Die Genehmigung für die Versuche sollte am Montag auslaufen: Die Gesundheitsbehörde hatte die Experimente des Hirnforschers Andreas Kreiter an Makaken verboten, wogegen der Wissenschaftler geklagt hat.

Kreiter kann nun so lange weiter forschen, bis die Richter in einem Eilverfahren und dann später grundsätzlich in der Hauptsache entschieden haben. Ein Termin für das Eilverfahren soll dem Gericht zufolge zusammen mit einer mündlichen Verhandlung im ersten Quartal des kommenden Jahres anberaumt werden. Das schwebende Verfahren hat bundesweite Bedeutung. Im Konflikt um die seit 1998 laufenden Versuche am Bremer Institut für Hirnforschung geht es im Kern um eine Abwägung zwischen der grundgesetzlich zugesicherten Forschungsfreiheit und dem Staatsziel Tierschutz, das 2002 ins Grundgesetz aufgenommen wurde.

Wie weit der Verfassungsrang des Tierschutzes auf die Forschungsfreiheit ausstrahlt und sie beschränkt, ist juristisch ungeklärt. Die Bremer Richter urteilten, derzeit sei das Verfahren «nicht entscheidungsreif». Der Fall werfe schwierige Rechts-,Tatsachen- und Bewertungsfragen auf. Die Verwaltungsjuristen stellten vorerst die grundrechtlich verbürgte Wissenschafts- und Forschungsfreiheit über den ebenfalls verfassungsrechtlich abgesicherten Tierschutz. Experten wie der Münchner Staatsrechtler Josef Franz Lindner sind der Auffassung, dass sich der Streit zu einem Musterverfahren entwickelt, das bis vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe führt.

Kreiter zufolge werden den Versuchstieren schmerzfrei feine Elektroden ins Hirn eingeführt. Durch ein Belohnungssystem mit Trinkwasserentzug wird untersucht, wie die Affen auf bestimmte Reize reagieren. Später werden sie getötet. Aktuell arbeitet der Forscher an einem kabellosen Langzeit-Messsystem, mit dem elektrische Aktivitäten im Gehirn aufgenommen werden können, um sie über Roboter in Bewegung umzusetzen. Das könne später vielleicht Menschen helfen, die gelähmt sind oder an Epilepsie leiden. Kritiker wie der Deutsche Tierschutzbund bezweifeln das und fordern ein Ende der Versuche.

Erst in der vergangenen Woche hatte das höchste Schweizer Gericht, das Bundesgericht in Lausanne, Tierversuche mit Rhesusaffen an der Universität Zürich in letzter Instanz nicht genehmigt. Die Richter maßen den Leiden der Versuchstiere größere Bedeutung zu als dem möglichen Nutzen der geplanten Grundlagenforschung. In der Schweizer Verfassung ist die Würde der Tiere festgeschrieben. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, der Bremer Wolfgang Apel, hofft, dass dieses Urteil «über die Schweiz hinaus Wirkung hat».

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