Mo, 06.06.2011Experten sehen die Mitte als gefährdete Bindekraft der Gesellschaft

Hannover/Dresden (epd). Die Zukunft der deutschen Gesellschaft entscheidet sich nach Auffassung des Politikwissenschaftlers Herfried Münkler an der Zukunft der politischen und sozialen Mitte. Doch die Mitte als Garant einer «langweiligen, aber stabilen» Demokratie sei gefährdet, sagte Münkler am Sonnabend beim evangelischen Kirchentag in Dresden. Der Philosoph und Publizist Richard David Precht appellierte bei einer Diskussion über die Bindekräfte der Gesellschaft, vor allem ehrenamtliches soziales Engagement sei eine tragende Säule.

Auch ein ausgezeichnetes öffentliches Bildungssystem, der Sport und die Kirchen könnten dazu beitragen, dass die Gesellschaft nicht auseinanderfalle, hieß es. In der Kirche gebe es viele Chancen, die Mitte stark zu machen, bekräftigte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister. Sie brauche moralische Impulse, die die Kirche liefern könne. «Über das Gebet in Verantwortung kann diese Welt anders werden.»

«Mischen Sie sich ein», rief Precht dem Publikum in der voll besetzten Dresdner Frauenkirche zu. Dabei sei nicht nur die Demonstration zu Stuttgart 21, sondern auch die konkrete Unterstützung beispielsweise in der Nachhilfe für einen sozial benachteiligten Schüler wichtig.

Münkler sagte, die Mitte sei gefährdet, weil der Sozialstaat ins Rutschen komme. Bürger fürchteten aufgrund zunehmender Leiharbeit und Niedriglöhnen um ihre finanzielle Existenz. Immer mehr Sozialleistungen müssten auf mehr Menschen in individuell geringerer Höhe verteilt werden: «Der Wohlfahrtsstaat ist fetter geworden, hat aber keine Muskeln und Sehnen mehr.» Unter Experten sei es deshalb unstrittig, dass das Niveau der sozialen Sicherheit maßvoll abgesenkt werde.

Damit die Gesellschaft dabei nicht scheitert, ist Münkler zufolge «ein neuer Gesellschaftsvertrag» nötig. Lasten müssten gerecht verteilt werden. Das entstehe nicht durch Basta-Politik: «Dafür muss geworben werden.» Nur so könne die Spaltung der politischen Mitte einigermaßen erfolgreich abgewendet werden.


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