Mi, 14.10.2009Ex-Bibliotheksdirektor aus Emden zu Geldstrafe von 3.600 Euro verurteilt - Richter: Schulz hat sich nicht persönlich bereichert

Aurich/Emden (epd). Der ehemalige Direktor der Emder Johannes-a-Lasco Bibliothek, Walter Schulz, ist am Dienstag vom Auricher Landgericht zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro verurteilt worden. Die Große Strafkammer warf dem 54-jährigen Theologen Untreue in acht Fällen in den Jahren 2003 bis 2008 vor. Obwohl Schulz sich der prekären finanziellen Situation der Stiftung Johannes-a-Lasco-Bibliothek bewusst war, habe er weiter mit Geldern aus dem Stiftungskapital Bücher und Kunstgegenstände für die Bibliothek gekauft, sagte der Vorsitzende Richter Henning Schröder. Dadurch sei das Stiftungskapital von rund fünf Millionen Euro Ende 2003 um rund zwei Millionen Euro geschrumpft. Eine Revision des Urteils ist vor dem Bundesgerichtshof möglich.

Die weltweit bedeutendste Spezialbibliothek des reformierten Protestantismus musste ihre Arbeit einstellen. Schulz wurde bereits im Herbst vergangenen Jahres aus seinem Amt entlassen. Der Staatsanwalt hatte für eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung plädiert und die Verteidigung auf Freispruch. Richter Schröder betonte in seiner Urteilsbegründung, dass Schulz sich nicht persönlich bereichert und aus idealistischen Motiven gehandelt habe.
Trotzdem habe er den Eindruck, dass bei Schulz ein «gewisser Realitätsverlust» festzustellen sei.

Schulz habe durch seinen Eifer, die Stiftung mit einem Ruf über die Grenzen Deutschlands hinaus ausstatten zu wollen, den Stiftungszweck aus den Augen verloren. Als Geschäftsführer und alleiniger Vorstand sei es seine Aufgabe gewesen, das Vermögen der Stiftung ungeschmälert zu erhalten, um mit den Überschüssen den Betrieb der Einrichtung zu bestreiten. Durch das Abschmelzen des Vermögens seien der Stiftung vermutlich 90.000 Euro Zinsen verloren gegangen. Der Verlust von rund drei Millionen Euro durch Aktienverluste vor 2003 sei ihm dagegen nicht anzurechen, sagte der Richter.

Schulz hatte im Verfahren eingeräumt, Fehler gemacht zu haben. Mit seinem heutigen Wissen hätte er von vielen Käufen Abstand genommen. Er verwies darauf, dass er alle Käufe stets transparent gehandhabt habe und vom Kuratorium der Stiftung genehmigen ließ. Bewusst habe er kein Rechtsvergehen begangen. Mit den Ankäufen ganzer Bibliotheken evangelisch-reformierter Adelshäuser habe er das Vermögen der Bibliothek sogar gesteigert und weitere Zustiftungen ermöglicht. Insgesamt habe er rund vier Millionen Euro an Drittmitteln eingeworben. Nie habe er persönliche Vorteile erzielen oder gar der Bibliothek schaden wollen.

Zwar sei die Bibliothek von vornherein unterfinanziert gewesen, sagte der Richter, doch habe Schulz mit dem Kauf von Büchern nur bedingt neue Werte geschaffen. Es sei fraglich, ob auf dem Kunst- und Buchmarkt ein so großes Interesse an calvinistisch-reformierten Antiquitäten vorherrsche, dass mit ihrem Verkauf wieder entsprechende Gewinne erzielt werden könnten.

Die Evangelische Kirche in Deutschland hatte vor wenigen Wochen bekanntgegeben, die Johannes-a-Lasco-Bibliothek retten zu wollen. Sie wolle dafür 4,5 Millionen Euro geben. Weitere 1,5 Millionen Euro sollen von den Landeskirchen kommen. Die Evangelisch-reformierte Kirche hatte bereits vor einem Jahr eine Million Euro für die Rettung der Bibliothek in die Rücklagen gestellt. Auch die Stadt Emden will sich beteiligen. Wegen des Verlustes hatte der von der Landeskirche eingesetzte kommissarische Leiter Wilhelm Neef allen Bibliothekaren gekündigt.

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