Do, 21.04.2011Die Konfirmation zur Herzensangelegenheit machen

Goslar (epd). In lockeren Gruppen sitzen die Jugendlichen des «Konficlubs» vor dem Gemeindehaus der St.-Georg-Gemeinde in Goslar. Die Frühlingssonne scheint. Mittendrin schaut Pfarrer Hartwig Wrede zusammen mit dem Konfirmanden Jan über einen Text. Für das Zeitzeugen-Buch der St.-Georg-Gemeinde hat der 13-Jährige lange Gespräche mit einer älteren Frau geführt, sie zu ihrem Leben befragt. Nun will er ihre Geschichte von Krieg und Elend in die richtige Form bringen. Das ist Teil seiner Vorbereitungen auf die Konfirmation. Die Konfirmandenarbeit in der evangelischen St.-Georg-Gemeinde hat wie in vielen Gemeinden nur noch wenig mit dem Unterricht zu tun, den die meisten Eltern heutiger Konfirmanden erlebt haben. «Die klassische Schulstunde am Nachmittag gibt es zwar noch, aber diese Art von Unterricht geht überall immer stärker zurück», sagt Axel Klein, der für Kinder- und Jugendarbeit in der braunschweigischen Landeskirche zuständig ist. «Viele Pfarrer arbeiten heute eher an einer Verknüpfung von Jugendarbeit und Konfirmandenzeit.» Für Jan ist die Konfirmandenzeit anstrengend, aber eine Herzensangelegenheit. Oft kommt er erst am späten Nachmittag von der Schule nach Hause, muss dann noch lernen und Hausaufgaben erledigen. Dennoch ist Jan wie elektrisiert von seinem Zeitzeugen-Interview. Außerdem steht ein Wochenendseminar in Wildemann im Oberharz an, auf das er sich schon lange freut. Da fährt nämlich auch die 14-jährige Kira als Teamerin mit, die im vergangenen Jahr konfirmiert wurde. «Purer Egoismus» ist es laut Hartwig Wrede gewesen, der in der St.-Georg-Gemeinde vor 15 Jahren dazu geführt habe, den Konfirmandenunterricht radikal umzugestalten. «Die Jugendlichen waren nach der Schule platt. Einige kamen zu spät, andere mussten früher gehen. In 45 Minuten ließ sich nichts vermitteln», sagt der Pfarrer. Goslars St.-Georg-Gemeinde hat darum komplett auf Projektarbeit umgeschwenkt. Nach einem Einführungskurs sind die Konfirmanden nahezu frei, welchen Weg sie einschlagen. Behandelt werden in Lernblöcken immer noch Taufe, Abendmahl und Vaterunser, darüber hinaus sind Projekte wie Jans Zeitzeugen-Interview, Mitmachen bei der Kinderarbeit oder Krankenhausbesuche möglich. Eine geschlossene Gruppe gibt es nicht mehr. «Wer will, kann es in einem Jahr schaffen, wir hatten aber auch schon Konfirmanden, die vier Jahre brauchten», sagt Pfarrer Wrede. Mit ähnlichen Erfahrungen haben Gemeinden bundesweit neue Formen für den Konfirmandenunterricht gesucht. Beim «Hoyaer Modell» in Niedersachsen etwa werden die Kinder bereits im Alter von neun Jahren zu einer ersten Unterrichtsphase eingeladen. Von der fünften bis zur siebten Klasse gibt es Freizeitprojekte. Erst in der Zeit der achten Klasse folgt ein Jahr Konfirmandenunterricht - entweder wöchentlich oder in Lernblocks an Wochenenden. In der württembergischen Landeskirche heißt das konfi3, am Konfirmandenunterricht in der 3. Klasse sind auch Eltern beteiligt, die Gruppen sind klein. «Konfi 3» wurde in einem achtjährigen Versuch bis 2007 in Württemberg erprobt. «Inzwischen ist in jeder zweiten Landeskirche die zweiphasige Konfirmandenarbeit in ähnlicher Form möglich», sagt Pfarrer Thomas Böhme-Lischewski, Bildungsreferent der westfälischen Kirche. Ein weitere Alternative zum klassischen Unterricht ist die Fahrt in ein Feriencamp. In der braunschweigischen Landeskirche gibt es solche Konfirmanden-Ferien-Seminare (KFS) seit 1968. Bis zu 1.000 Teilnehmer fahren seitdem jedes Jahr per Sonderzug für drei Wochen in die Alpen. «Dort gibt es durch die Laborsituation, die wir schaffen, unglaublich gute Voraussetzungen für intensives Arbeiten», sagt Pfarrer Reinhard Brückner vom KFS-Arbeitskreis. Rund 500 Euro müssen Konfirmanden dafür bezahlen. Damit steht das Ferienseminar in der Kritik, ein Unterrichtsmodell nur für Reiche zu sein. «Wir würden aber niemanden aus finanziellen Gründen zu Hause lassen», sagt Brückner. Bei allen Formen des Unterrichts gilt für Experten der gleiche Grundsatz: «Wir müssen attraktive Konfer-Arbeit machen, die nicht nur auf Spaß baut», sagt Thomas Böhme-Lischewski. Konfirmation sei immer noch eine starke Wegmarke auf der Reise ins Erwachsenenleben. Entscheidend sei für die Jugendlichen auch die ernsthafte Auseinandersetzung mit Glaubensfragen und Themen aus ihrer Erfahrungswelt. «Wenn wir da den Spagat schaffen, treten für die Konfirmanden zusätzliche Belastungen komplett in den Hintergrund und sie sind mit Freude in der Kirche aktiv.» Internet: www.kfs-online.de; www.konfi3.de

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