So, 11.01.2015Auch FDP-Chef Lindner für Streichung des Blasphemie-Paragrafen

Osnabrück/Göttingen (epd). FDP-Vorsitzender Christian Lindner hat sich für eine Streichung des sogenannten Blasphemieparagrafen im deutschen Strafrecht ausgesprochen. «Wenn Terroristen die freie Gesellschaft angreifen, antworten wir mit mehr und nicht weniger Freiheit», sagte Lindner der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Montagsausgabe). «Das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Unabhängigkeit der Medien sollten nicht vor Religionen halt machen müssen.» Im Gespräch mit dem epd hatte bereits der Staatsrechtler Hans Michael Heinig (Göttingen) eine Abschaffung gefordert.

Auch eine Zensur aus vermeintlich guten Motiven mache unfrei, sagte Lindner. «Die Abschaffung des Paragrafen im Strafgesetzbuch wäre ein unschlagbares Bekenntnis zur Meinungsfreiheit.» Künstler und Journalisten sollten wissen, dass wir ihre Freiheit und Unabhängigkeit gerade dann verteidigten, wenn sie unbequem sei. Satire verdiene Schutz statt Haftandrohung. Das heiße nicht, dass die FDP religiöses Empfinden nicht respektiere. Religionsgemeinschaften müssten Satire und Spott aber genauso ertragen wie jeder Bürger, jede Partei und jede Institution.

Der Staatsrechtler Heinig sagte dem epd, mit der Streichung des Blasphemie-Paragrafen könnte der Wert der Kunst- und Pressefreiheit auf symbolische Weise unterstrichen werden. Diese Vorschrift schaffe nur Missverständnisse und sei nicht erforderlich. Die Beleidigungstatbestände und der Schutz vor Volksverhetzung garantierten den Schutz des religiösen Friedens ausreichend, argumentierte der Rechtswissenschaftler, der in Göttingen auch das Kirchenrechtliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland leitet.

«Aber eine Streichung würde deutlich machen: Die Presse- und Kunstfreiheit hat Vorrang vor dem diffusen Schutz religiöser Gefühle», betonte Heinig gegenüber dem epd. Nach dem Terroranschlag auf die französische Satirezeitschrift «Charlie Hebdo» kam der Paragraf 166 erneut in die Diskussion, nach dem Gotteslästerung und Religionsbeschimpfung strafbar sind, wenn dadurch die öffentliche Ordnung gestört wird.

Pressestelle

Kann die Pressestelle etwas für Sie tun? Hier finden Sie den Kontakt zu uns.